Seit der Gründung im Jahr 1989 durch Dr. Hans Langer hat sich das Münchner Unternehmen EOS zu einem der führenden Hersteller von industriellen 3D-Druckern für Kunststoff- und Metalldruck entwickelt. Neben Hardware bietet das Unternehmen auch Dienstleistungen, Materialforschung, Software und Schulungen an. Kürzlich erreichte EOS mit der Installation seines 5.000sten industriellen 3D-Druckers einen Meilenstein: Das ultraschnelle 4-Laser-Flaggschiff EOS M 400-4 wird bei Keselowski Advanced Manufacturing (KAM) in Statesville, North Carolina, Metallbauteile produzieren.

Marie Niehaus-Langer auf der Panel-Diskussion zum Thema Digitale Agenda 2030. (Quelle: Philipp Guelland for DLD / Hubert Burda Media)

Wir trafen CEO Marie Niehaus-Langer auf der DLD-Konferenz in München, wo sie All3DP nach einer Paneldiskussion zum Thema Digitale Agenda 2030 für ein Interview zur Verfügung stand.

Im Gegensatz zu den meisten Wettbewerbern ist EOS ein rein inhabergeführtes Unternehmen. Vor fünf Jahren haben Sie die Geschäfte von Ihrem Vater Dr. Hans Langer übernommen. Was hat sich seitdem bei EOS verändert?

Marie Niehaus-Langer: Vor zehn bis fünfzehn Jahren, als der 3D-Druck boomte, drängten viele große und renommierte Unternehmen auf den Markt. Ihre Investitionen fielen in eine Zeit, in der die Technologie noch reifte, die Wirtschaft aber instabil wurde. Die Folge war, dass sich das erhoffte Marktwachstum für viele nicht in der gewünschten Intensität einstellte. Hinzu kam die Corona-Epidemie, die die gesamte Branche weltweit vor große Herausforderungen stellte.

Wir bei EOS haben die Zeit gut genutzt. Wir haben an unseren Produkten gearbeitet, insbesondere an der Wettbewerbsfähigkeit, die zunehmend unter Druck gerät. Wir arbeiten sehr fokussiert mit unseren Kunden in den etablierten und zertifizierten Märkten und engagieren uns auch in verbrauchernahen Bereichen.

Bei Kunststoffen und Metallen setzen wir weiterhin stark auf Innovation durch Forschung und Entwicklung. So haben wir nicht nur neue Produkte und Werkstoffe auf den Markt gebracht, sondern auch die Produktivität mit neuen Maschinen gesteigert. Neben neuer Hardware ist es vor allem die Software Smart Fusion zur Steuerung unserer Metallmaschinen, die die Produktivität steigert und den Materialverbrauch im Sinne der Nachhaltigkeit deutlich reduziert.

Wärmetauscher gehören zu den aktuellen Trends der Branche (Source: EOS)
Wärmetauscher gehören zu den aktuellen Trends der Branche (Quelle: EOS)

Welche Trends sehen Sie denn in naher Zukunft? 

Marie Niehaus-Langer: 3D-gedruckte Wärmetauscher und alles, was mit Energieeffizienz zu tun hat, trendet derzeit. Aber wir können auch bei der Industrialisierung der Technologie helfen. Das Gebot der Stunde bleibt, wirklich große Produktionskapazitäten mit vielen Maschinen anzubieten. Unser Vertriebsleiter sagt scherzhaft, dass wir uns gerade in der „langweiligen Zeit“ befinden. Denn jetzt geht es um Industrialisierung, Reproduzierbarkeit, Konstanz und Zuverlässigkeit der Technologie.

Ausserdem wollen wir die Total Cost of Ownership, also die Gesamtinvestition für unsere Kunden, weiter senken, denn hier locken gerade chinesische Hersteller mit niedrigen Preisen. Auf der Materialseite treiben wir Innovationen voran, die notwendig sind, um weitere Anwendungen zu identifizieren.

Wir sehen ein starkes Wachstum im Verteidigungsbereich, vor allem die USA investieren hier sehr viel. Ich habe natürlich eine persönliche Meinung zu diesem Thema und sehe hier aber auch großen Bedarf, damit wir unsere demokratischen Werte schützen. Dennoch sehen wir gutes Potential, Additive Manufacturing in Europa stärker zu positionieren und weiterzuentwickeln. Die Amerikaner sind sehr klug darin, hochinnovative Technologien über Verteidigungsgelder reifen zu lassen. Hier sehe ich eine sehr große Chance auch für Europa.

Sie haben ihre Präsenz in den USA ausgebaut und sind mit EOS North America in Texas und Michigan vertreten. Außerdem wird die EOS M 290 jetzt in Texas produziert. Wollen Sie das Wachstum in den USA weiter beschleunigen?

Marie Niehaus-Langer: Aufgrund der politischen Prämisse der USA, stark im eigenen Land zu produzieren, bereiten wir uns darauf vor, unser Metallgeschäft abzusichern, das bereits zu 70 Prozent in den USA stattfindet. Wir wollen Risiken minimieren und mehr in den USA produzieren. Das heißt nicht, dass wir jetzt unseren Hauptsitz in die USA verlegen. Aber wir werden uns stärker in den regionalen Märkten engagieren. Wir sehen das weniger als Herausforderung, sondern als Chance, unser Geschäft in den USA zu stärken.

Viele industrielle Druckerhersteller befinden sich seit Jahren in rauem Fahrwasser. Daneben nimmt sich EOS als sehr stabiler „Tanker“ in einem volatilen Umfeld aus. Was machen Sie anders als ihre Mitbewerber?

Marie Niehaus-Langer: Ein Familienunternehmen oder zu 100 Prozent eigentümergeführtes Unternehmen kann es sich in Krisenzeiten erlauben, mittelfristig zu denken. Wer dagegen an der Börse ist oder von Finanzunternehmen finanziert wird, muss auf kurzfristigere Zeiträume fokussieren. Das heißt nicht, dass wir von Zeit zu Zeit unser Haus  in Ordnung bringen und Kostenstrukturen anpassen. Besonders nach den „goldenen Jahren“ 2015 bis 2017, die einfach nur zu schön waren, um wahr zu sein. Wir machen das in einem sehr starken Bewusstsein und Commitment vonseiten unserer Shareholder-Familie. Das hilft uns, die wesentlichen strategischen Entscheidungen zu treffen und anzupassen.

Wie schätzen Sie das aktuelle Umfeld für Fusion und Übernahmen im AM-Bereich ein? Sehen Sie nichts, was eine Übernahme wert ist?

Marie Niehaus-Langer: Wenn wir von den großen Playern sprechen, dann gibt es keine Organisation, die wir nicht daraufhin untersucht haben, ob sie für eine Konsolidierung Sinn macht. Aber am Ende geht es darum, ob das Portfolio und die Märkte zusammenpassen und wie viel Beschleunigung man erreicht. Wenn ich nach einer Akquisition nur damit beschäftigt bin, mein Portfolio neu zu ordnen, ist am Ende niemandem geholfen.

Wir setzen lieber auf strategische Partnerschaften, zum Beispiel auf der Supply-Chain-Seite. Wir glauben an starke und vertrauensvolle strategische Partnerschaften. Über AM Ventures arbeiten wir auch mit Start-ups in der Frühphase zusammen, um Kooperationen mit EOS oder Unternehmen innerhalb der Gruppe zu realisieren.

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